2022
Jean Truchet (*Lyon, 1657 - †1729), Ordensname Père Sébastien, französischer Mathematiker, Hydrauliker, Grafiker, Typograph und Erfinder.
Als Hydraulikexperte entwarf Truchet die meisten französischen Kanäle. Inspiriert von Dekorationen, die er auf den Kanälen gesehen hatte, studierte Truchet dekorative Muster auf Keramikfliesen. Ein bestimmtes Muster, das er untersuchte, betraf quadratische Kacheln, die durch eine diagonale Linie in zwei Dreiecke geteilt waren und in kontrastierenden Farben dekoriert waren. Durch Platzieren dieser Kacheln in unterschiedlichen Ausrichtungen zueinander als Teil einer quadratischen Kachelung stellte Truchet fest, dass viele verschiedene Muster gebildet werden konnten. Dieses Modell der Musterbildung wurde später von Fournier aufgegriffen und ist heute Mathematikern und Designern als Truchet-Kacheln bekannt. [Quelle: https://en.wikipedia.org/wiki/S%C3%A9bastien_Truchet]
Seine Beobachtungen hielt Truchet in der Schrift "Methode pour faire une infinite de desseins differens avec des carreaux mi-partis de deux couleurs par une ligne diagonale", 1704 und 1722, fest. Darin: "Des 64 combinaisons de deux carreaux mi-partis de deux couleurs" [→link].
Kombiniert man die genannte Kachel nach dem Zufallsprinzip, erhält man ein chaotisches Muster verschiedenster schwarzer und weißer Vielecke.
Geht man von einer Kachel aus, bei der das Grundmuster sämtliche Seiten in gleicher Weise schneidet, pflanzt sich das Muster endlos fort (siehe das Beispiel mit den Viertelkreisen →hier: https://en.wikipedia.org/wiki/Truchet_tiles).
Ausgehend vom Prinzip der letzteren entwickelte ich verschiedene sechseckige Kacheln mit organischen Strukturen, wie ich sie ähnlich bereits in früheren Bildern verwendet habe (abstrahierte Algen und Flechte).
Die Kacheln sind derart konzipiert, dass sich das Muster auf der benachbarten Kachel nahtlos und theoretisch endlos fortsetzt – und zwar unabhängig von der Ausrichtung der Kachel.
Durch Drehung um 0, 60, 120, 180, 240, 300 Grad, sowie Spiegelung erhalte ich beim Sechseck zwölf kongruente Abbildungen aus einem einzelnen Muster.
Mein Ziel war es durch die begrenzte Anzahl an Möglichkeiten, sowie den Verzicht auf Varianz innerhalb der Struktur einen höheren Abstraktionsgrad zu erreichen.
Durch spielerische Kombination mehrerer Ebenen der erzeugten Muster ('organisches Gewebe', Haptik, Relief…), sowie natürliche Farbgebung (Figur/ Grund, Schatten, Perspektive…) wird gleichzeitig der mimetische Kern der zu Grunde liegenden organischen Struktur erhalten.
Das Projekt wurde mit Mitteln des Ministeriums für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen gefördert.
ungleicher Zwilling I
ungleicher Zwilling II
Camouflage
Überlagerung dreier flächiger Muster aus derselben Kachel.
Durch Drehung um 0, 60, 120, 180, 240, 300 Grad, sowie Spiegelung lassen sich mit dem Sechseck links zwölf kongruente Abbildungen erzeugen.
Méditation blanche
Einfaches, lineares Muster, erzeugt aus der Kachel rechts.
Méditation du Père Sébastien I
Méditation du Père Sébastien II
Überlagerung eines flächigen mit einem linearen Muster.
Dornröschen
Überlagerung zweier flächiger Muster aus derselben Kachel.